Ein Arbeitgeber muss einen Bewerber über Internetrecherchen zu seiner Person informieren

Im Zuge eines Bewerbungsverfahrens darf ein Arbeitgeber Internetrecherchen zu den Bewerbern durchführen. Diese müssen allerdings darüber informiert werden.

Sachverhalt:

Ein Kläger hatte sich bei der Beklagten (eine Universität) auf eine Stelle als Volljurist beworben und wurde neben zwei weiteren Interessenten zu einem Vorstellungsgespräch geladen.

Nach den Gesprächen wurde ein Auswahlvermerk zu den drei Personen angefertigt. Der Auswahlvermerk enthielt Angaben zu den Verfahrensdaten, der Personalvorauswahl, dem Ablauf des Vorstellungsgesprächs, den Grundlagen der Auswahlentscheidung sowie zur Auswahlentscheidung an sich. Abschließend enthielt der Auswahlvermerk folgende Anmerkung:

„Aus öffentlich zugänglichen Quellen ist zu entnehmen, dass Herr Y. (der Kläger) bereits erstinstanzlich wegen gewerbsmäßigen Betruges zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und vier Monaten auf Bewährung verurteilt wurde (Landgericht München I, Urteil vom 06. Juli 2020, Az. 12 KLs 231 Js 139171/12). Der Vorwurf lautete, Herr Y. habe vielfach fingierte Bewerbungen eingereicht, um potenzielle Arbeitgeber anschließend wegen angeblicher Diskriminierung zur Zahlung von Entschädigungen (nach AGG) zu veranlassen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, Herr Y. hat hiergegen Revision beim BGH eingelegt.

Der o. g. Sachverhalt ist ein solch negativer Aspekt, der in gebotener Weise bei der Besetzung der Stelle „Volljurist*in“ in der Stabsstelle Justitiariat zu berücksichtigen ist.

Eine Einstellung von Herrn Y. könnte nur unter der auflösenden Bedingung eines einwandfreien Führungszeugnisses erfolgen. Zwar steht die Entscheidung des BGH bzgl. der Revision im o. g. Verfahren noch aus, jedoch kann der L. als öffentlichem Arbeitgeber nicht zugemutet werden, diese Entscheidung abzuwarten. Es besteht ein (nicht ganz unwahrscheinliches) Risiko, dass die Verurteilung wegen Betruges Rechtskraft erlangt. Zudem werden in der Stabsstelle Justitiariat organisatorisch alle AGG-Fälle betreut. Hierbei ist eine sachliche und objektive Bearbeitung aller Fälle notwendig, was bei Herrn Y. jedoch zu bezweifeln ist.

Aus diesen Gründen wird Herr Y. als nicht geeigneter Bewerber bewertet.“

Der Kläger bat daraufhin um Übersendung der dem Auswahlverfahren zugrundeliegenden Dokumentationen. Dies wurde von der Beklagten aus datenschutzrechtlichen Erwägungen abgelehnt.

Nachdem der Kläger seinen Auskunftsanspruch aus Art. 15 DSGVO geltend gemacht hatte, erhielt er den teilweise geschwärzten Auswahlvermerk.

Der Kläger machte daraufhin geltend, dass er erstmals durch den Auswahlvermerk erfahren habe, dass die Beklagte über ihn im Internet „geschnüffelt“ und das Ergebnis in den Bewerbungsprozess habe einfließen lassen. Er ist der Auffassung, dass es kein allgemeines Recht eines Arbeitgebers gebe, im Internet über Bewerber mittels Suchmaschinen zu recherchieren und die dort erhobenen Daten im Bewerbungsprozess zu verwerten. Zudem habe die Beklagte es unterlassen, ihn zum Inhalt der rechtswidrigen Online-Schnüffeleien anzuhören. Hätte sie ihn damit konfrontiert, hätte er dargelegt, warum diese falsch seien.

Der Kläger legte deshalb Klage beim zuständigen Arbeitsgericht ein. Dieses hat die Klage abgewiesen, worauf der Kläger Berufung einlegte.

Entscheidung des Landesarbeitsgerichts (LAG) Düsseldorf:

Das LAG verurteilte die Beklagte dazu, dem Kläger eine Entschädigung in Höhe von 1.000,00 Euro gemäß Art. 82 Abs. 1 DSGVO zu zahlen, weil sie ihn entgegen Art. 14 Abs. 1 lit. d DSGVO nicht über die Kategorie der von ihr im Rahmen des Auswahlverfahrens verarbeiteten Daten, nämlich der strafrechtlichen Verurteilung durch das Landgericht München I, informiert hat.

Allerdings bestehe aufgrund der Art der Informationsbeschaffung seitens der Beklagten mittels Internetrecherche und Wikipedia kein Beweisverwertungsverbot, weil die Internetrecherche über den Kläger als solche rechtmäßig gewesen sei. Der Verstoß gegen die Informationspflicht aus Art. 14 Abs. 1 lit. d DSGVO führe zu keinem Beweisverwertungsverbot.

Fundstelle:

Urteil des LAG Düsseldorf vom 14.04.2024, 12 Sa 1007/23 – abrufbar im Internet beispielsweise unter https://rewis.io/urteile/urteil/una-10-04-2024-12-sa-100723/